Technische Mikrobiologie
Die Arbeitsgruppe Technische Mikrobiologie nutzt Biofilm Engineering, eine Schlüsseltechnologie der industriellen Biotechnologie, um prozessangepasste künstliche Biofilme, sogenannte Biokomposite, herzustellen. In diesen Biokompositen sind die Organismen ("Ganzzell-Biokatalysatoren") in einer maßgeschneiderten Polymermatrix eingebettet. Diese Technologie ist essentiell für die Intensivierung der Langzeitstabilität industrieller biotechnologischer Prozesse.
Die Biokomposite bestehen hauptsächlich aus Mikrofasern, welche durch alte (wie Nassspinnen) und neuartige Faser-Technologien (z. B. Elektrospinnen) hergestellt werden. Die Bakterien befinden sich in den Mikrofasern und sind vital. In den Mikrofasern finden sie perfekte Bedingungen für ihre Stoffwechselumwandlung vor, sie sind vor harrschen Umgebungen und pH-Änderungen geschützt. Die Mikrofasern können zu Gewebe und Filtermodulen verarbeitet werden, die sich leicht in biotechnologische Prozesse integrieren lassen. Diese Technologie eröffnet neue Möglichkeiten für die Verwendung von Bakterien im Bereich des Urban Mining, der Bioremediation und der Produktion von Substanzen, welche das Wachstum hemmen oder giftig sind.
Produktion von Magnetosomen in Magnetospirillum gryphiswaldense
Magnetosome sind magnetische Nanopartikel, die von Mikroorganismen wie M. gryphiswaldense produziert werden, um sich im Magnetfeld der Erde zu orientieren. Die Nanopartikel haben großes technisches Anwendungspotential. Sie weisen eine enge Größenverteilung auf und sind von einer biologischen Membran umgeben. Die in der Membran natürlich enthaltenen Proteine lassen sich gentechnisch so modifizieren, dass bestimmte Liganden präsentiert werden. So können die Magnetosomen zur gezielten Abtrennung oder Stimulation von Zellen verwendet werden. Dazu werden allerdings größere Mengen an hochreinen Magnetosomen benötigt. Dabei stellte die Kultivierung der strikt anaeroben M. gryphiswaldense ebenso wie die Aufreinigung der Magnetpartikel verfahrenstechnische Herausforderungen dar.
Forschungspartner:
- Lehrstuhl für Mikrobiologie, Prof. Schüler, Universität Bayreuth
Propioni - Propionsäureproduktion für die Lebensmitteindustrie
Propionsäure ist in der Lebensmitteltechnologie als effizienter Hemmstoff gegen die Schimmelbildung bekannt. Artifiziell hergestellte oder aus natürlichen Quellen aufgereinigte Propionsäure ist als Lebensmittel-Zusatzstoff („Konservierungsmittel“) zugelassen, muss dann aber als E 280 deklariert werden. Im Bereich der Lebensmittelproduktion sind allerdings zunehmend E-Nummern-freie Systeme gefragt. Grundidee von Propioni ist es, Propionsäure mikrobiologisch durch einen Fermentationsprozess ohne nachfolgende Aufreinigung herzustellen. Analog zur EU Aromenverordnung wäre dann ein Zusatz ohne Deklaration möglich. Eine fermentative Propionsäureproduktion nach dem derzeitigen Stand der Technik ist jedoch wirtschaftlich noch nicht einmal ansatzweise konkurrenzfähig. Die Kosten sind durch die geringe Produktivität der Organismen bzw. die hemmende Wirkung der produzierten Propionsäure auf die Produktionsorganismen und die damit verbundenen geringen maximal erzielbaren Endkonzentrationen (< 2,5 Gew%) an Propionsäure bedingt. Hier sollen gemeinsam mit dem Projektpartner mikrobiologische und verfahrenstechnische Ansätze zur Steigenung der Produktivität und damit mittelfristig zur Etablierung eines wirtschaftlich konkurrenzfähigen Prozesses entwickelt werden.
Entwicklung von artifiziellen Biofilmen
Das Projekt verifizierte das Grundkonzept des künstlichen Biofilms und etablierte und validierte beispielhafte Anwendungen in drei Schlüsselbereichen der industriellen Biotechnologie:
- Umweltbiotechnologie (Nitritabbau): Entwicklung und Herstellung eines Intensiv-Nitrifikationsmoduls für die Durchführung eines neuartigen Verfahrens zur Reinigung von Abwässer.
- Energietechnologie (mikrobielle Brennstoffzelle): Entwickeln eines Biofilms als Anodenmaterial
- Biotechnische Synthese von Naturstoffen: Propionsäure produktion für Lebensmittelindustrie
Für die Herstellung dieser künstlichen Biokomposite wurden herkömmliche Herstellungsverfahren wie Sprühtrocknen, Nassspinnen und Elektrospinnen angepasst. Dies führte zu verschiedenen Strukturen wie Hohlkapseln, Mikrofasern und Vliesstoffen aus Bakterien / Hydrogelsuspensionen, sogenannten Biokomposite. Die biologische Aktivität der Bakterien bleibt erhalten. Darüber hinaus ist es möglich, mit Mikroorganismen künstliche Biofilme zu bilden, die in der Natur wenig oder gar keine Biofilme bilden können. Dadurch wird ein erheblicher technischer Fortschritt erzielt.
Forschungspartner:
- Makromolekulare Chemie II, Prof. Greiner, Universität Bayreuth
Einen Einblick in unser Labor: